Einem Notarzt unterlief nach einem Verkehrsunfall ein Behandlungsfehler infolge dessen der Patient verstarb. Als der Unfallversicherer vom Arzt den Ersatz für die Leistungen an die Hinterbliebenen forderte, wendet dieser ein, dass den Verunfallten ein Mitverschulden trifft und dies den Hinterbliebenen zuzurechnen ist.
Denn erst, der vom Lenker (=Unfallopfer) verschuldete Unfall hatte einen Einsatz des Arztes und den Behandlungsfehler zur Folge. Ein Mitverschulden ist der Sphäre des Verunglückten zuzurechnen und somit müssen sich die Hinterbliebenen dies zurechnen lassen. Dieser Grundsatz findet sich im § 1304 ABGB, wo es heißt: „Wenn bei einer Beschädigung [Anm.: gegenüber den eigenen Gütern, worunter auch die Gesundheit fällt] zugleich ein Verschulden von Seite des Beschädigten eintritt; so trägt er mit dem Beschädiger den Schaden verhältnismäßig; und wenn sich das Verhältnis nicht bestimmen lässt, zu gleichen Teilen.“ Der Arzt argumentierte also damit, dass er den Behandlungsfehler nicht begehen hätte können, wenn der Lenker den Unfall nicht verursacht hätte und somit nicht in die Notlage gekommen wäre. Zu dieser Ansicht kam auch das Erstgericht und sprach dem Arzt und dem verstorbenen Unfallopfer ein Verschulden zu gleichen Teilen zu.
Weder die nächste Instanz (OLG) noch der Oberste Gerichtshof im Revisionsverfahren (OGH 9Ob76/15i) folgten dieser Argumentation. Richtig ist, dass für ein Mitverschulden iSd. § 1304 ABGB bereits eine Sorglosigkeit gegenüber den eigenen Güter ausreicht und sich die Hinterbliebenen ein Mitverschulden des Getöteten anrechnen lassen müssen. Weiters wurde festgehalten, dass es zu den Obliegenheiten einer geschädigten Person zählt, an den Heilbemühungen des Arztes mitzuwirken. Dies würde, zum Beispiel, zutreffen, wenn ein Patient die Behandlungsbemühungen des Arztes nicht unterstützt, bzw. dessen Empfehlungen und Anweisungen missachtet.
Der OGH stellte in seiner Entscheidung jedoch fest, dass ein Eigenverschulden eines Patienten an der Behandlungsbedürftigkeit, die Ansprüche gegen den behandelnden Arzt nicht mindern. Die Annahme eines Mitverschuldens des Patienten wegen schuldhafter Herbeiführung seines behandlungsbedürftigen Zustand verbietet sich und daher war der Revision des Arztes nicht Folge zu leisten.